"Einmal muss ein Schlussstrich gezogen werden und ein neuer Alltag beginnt, ob im Leben oder halt auch im Ehrenamt", bringt es die Vöhringerin Erna Schmidt treffend auf den Punkt. Bei der immer noch geistig und körperlich beneidenswert fitten 84jährigen ist der Entschluss gereift für den neuen Lebensabschnitt - ohne Ehrenamt und eigenes Haus es fortan ruhiger anzugehen. "Es waren unvergessliche Jahre mit den netten jungen Handballern vom SC Vöhringen, deren unzähligen Trikotsätzen in all den Jahren anfangs noch auf unserer Wäscheleine gehangen sind". Dass die Anzahl von aberhunderten Kleidungsstücken gewaschen, gebügelt, geflickt und für die jeweiligen Mannschaften sortiert bis zum Wochenende fein säuberlich abholbereit zur Verfügung standen war für die rüstige Seniorin selbstverständlich. Das gemeinsam mit Ehemann Max erbaute Eigenheim wurde nun an ihren Enkel zu übergeben und auf die neue kleine Wohnung im Betreuten Wohnen freut sie sich auch, denn der Weg in den Sportpark zu den Heimspielen "ist ja auch nicht viel weiter".
Nach zwei Jahrzehnten endet nun eine Ära, die sie rückblickend auf die vielen Begegnungen und Kontakte keinesfalls vermissen möchte. Denn die "gute Seele in der SCV-Waschstation für die Trikotsätze" erledigte die wöchentliche Aufgabe stets zuverlässig. "Alles halb so schlimm. An einem Tag war meist alles gewaschen und getrocknet. Ich habe das immer gerne gemacht für unsere Handballer, es waren immer so schöne Zeiten mit denen."
In fast einem Vierteljahrhundert kamen da wohl abertausende Kleidungsstücke zusammen: Angefangen mit den Trikotsätzen der Ersten und Zweiten war da auch noch die Dritte Mannschaft. "Nachdem die Jungsenioren wegfielen, kam halt die Frauenmannschaft dazu. Früher war das verwendete Baumwachs nur mit Tricks wie Margarine aus den Stoffen heraus zu bekommen. Mittlerweile ging es einfacher, das künstliche Harz konnte mit Spray behandelt einfacher beim Waschen aus den Trikots entfernt werden", war auch Erna Schmidt bald schon "mit allen Wassern gewaschen". Auch das Bügeln der einstigen Baumwolltrikots fiel in den letzten Jahren weg da dies bei den modernen Synthetik-Trikots nicht mehr nötig war. Auch als Näherin war sie gefordert, nicht selten blieben die Spuren vom "Zupacken" an den Trikots nicht unbeschadet. "Schon bald habe ich mir beim Konrad einen Schrank bauen lassen wo alle Trikotsätze der verschiedenen Teams ordentlich verstaut werden konnten". Wie groß das Vertrauen in "ihre SCV-Handballer" all die Jahre ist weiß auch Thilo Brugger zu schätzen. "Als ehemals jüngster Spieler blieb der Job die Trikots vor den Spielen abzuholen an mir hängen und ich weiß auch, wo ein Notschlüssel versteckt ist, um in Ernas Haus zu kommen, wenn mal niemand daheim wäre".
Sehr gerne denkt die Seniorin an die vergangenen Jahre zurück : "Mehrere Generationen Handballer haben bei uns im Haus mit meinem verstorbenen Mann Max , meiner Tochter Andrea und Sohn Joachim die Meisterschaften und Aufstiege gefeiert. Es waren immer friedliche Feste oft bis zum Weißwurstfrühstück. Da wurde Musik gemacht und ich musste die Jungs schon manchmal erinnern, dass bereits nebenan die Kirchenglocken läuten und die Leute in die Sonntagsmesse gehen . . . "
Beim letzten Saisonspiel wurde Erna Schmidt offiziell verabschiedet, wurde mit Blumen und einem eigenen persönlichen SCV.-Trikot zur Erinnerung von den knapp 400 Besuchern mit langanhaltendem Applaus gefeiert.
Roland Furthmair